Ahhh, ihr müsst unbedingt nach Tenganan wenn ihr in Candi Dasa seid!“ Unser Fahrer Joseph, der uns vom Amed nach Candi Dasa fuhr, war eigentlich sehr ruhig, aber jetzt sprach er mit aufgeregter Stimme über das Dorf. „Dort leben die letzten Ureinwohner Balis – die Bali Aga – sie sind sehr streng was die moderne Welt betrifft. Keine Fernseher, keine Hochzeiten außerhalb der Gemeinde. Verrückte Leute!“ Fanden wir irgendwie auch, diesen Ort wollten wir unbedingt besuchen!
Hier findest du unseren Reisebericht zum Dorf Tenganan, sowie auch Wissenswertes für deinen Besuch im Dorf der Bali-Aga.
Fakten rund um die Bali-Aga und das Dorf Tenganan
Wer sind die Bali Aga?
Die Bali Aga (Altbalinesen) sind die Nachkommen der Ureinwohner Balis. Durch strikte Abschottung über Jahrhunderte hinweg, haben sie ihre kulturellen und religiösen Traditionen bewahrt.
Was macht sie so besonders?
Sie lehnen den Hinduismus ab und leben nach den alt-balinesischen Prinzipen. So gibt es hier z.B. kein Kastensystem oder Leichenverbrennung. Sie haben allerdings ein recht hartes Sozialsystem: So ist es üblich sich Partner innerhalb der Dorfgemeinschaft zu suchen. Tut man das nicht, hat man kein Anrecht mehr in Tenganan zu leben und darf höchstens zu Besuch kommen.
Kinder wachsen in Mädchen- oder Jungenverbänden heran und werden auf ihre Pflichten als Erwachsene vorbereitet.
Was bietet Tenganan?
Die Bali Aga sind eine sehr wohlhabende Gemeinschaft und brauchen selbst nicht arbeiten, so können sie den Tag damit verbringen sich Künsten (wie z.B. Weben, Schnitzen) oder Ritualen zu widmen. Als Besucher ist man herzlich eingeladen daran teilzuhaben.
Warum sind die Bali Aga so wohlhabend?
Auf den Feldern rund um Tenganan bauen sie Reis und Kokospalmen an. Aber sie bewirtschaften und ernten nicht selbst. Das erledigen Bauern aus den Nachbardörfern gegen die Hälfte des Ernteertrag für sie. Dann hat man uns erzählt, müssten Bewohner, die zum studieren in die Stadt gehen eine Art monatliche Spende an das Dorf zahlen. Davon werden dann zum Beispiel die Schulbildung der Kinder bezahlt, oder notwendige Baumaßnahmen finanziert.
Nützliche Infos
Besuchszeiten: Das Dorf kann täglich von 8 bis 17:30 Uhr besucht werden.
Kosten: Eine Spende ist gern gesehen.
Anfahrt: 10 Minuten von Candi Dasa, das Dorf ist ausgeschildert.
Wir suchen die letzten Ureinwohner Balis
Direkt am nächsten Tag, nachdem Jospeh uns von diesem Ort erzählte, wollten wir nach Tenganan. Wir waren sehr neugierig was uns dort nun erwarten sollte. Halbnackte Wilde die um ein Feuer tanzten, oder doch eher vor sich hinmurmelnde Mönche? (Sorry, blühende Fantasie 🙂 Natürlich stimmt davon rein gar nichts )
Wir liehen uns einen Scooter in unserer Unterkunft und es ging los. Wir fuhren durch dichten, grünen Dschungel, vorbei an riesigen Reisfelder, einmal links und zweimal rechts und dann standen wir vor einem kleinen Dorfeingang.
Unser Navi drängte uns weiter. „In 700 Metern links abbiegen!“ „Das ist es doch aber sicher schon“. Ich war unsicher, das Navi behauptetet ja quasi das Gegenteil und im Gegensatz zu uns, wusste es wo es langgeht. Also fuhren wir weiter. Quer durchs Dorf. Wir wurden ziemlich schräg angeschaut und irgendwie kam in mir der Verdacht auf, dass hier irgendwas schief läuft.
Willkommen in Tenganan
Ein paar Männer standen mit ihrem kleinen LKW quer über die Straße. Etwas genervt versuchten sie uns zu sagen, dass wir wenden sollten: „Turn, turn, turn. No Way!“ Aber das Navi sagte doch wir müssen genau da lang! Nach ein paar erfolglosen Kommunikationsversuchen kehrten wir schließlich um und wollten gerade in die nächste Straße einbiegen. Als uns ein unfreundlich dreinblickender Mann aufhielt und fragte wo wir denn eigentlich hinwollen: „Tenganan!“ Wir versuchten ihn mit einer Mischung aus einem unsicheren und hilflosen Lächeln zu besänftigen. „This is Tenganan. Follow me.“
Oh Gott, wo werden wir denn jetzt gleich landen, ging es mir rasend durch den Kopf. „Just parking here!“ wies er uns an. Ok, ok, wir tun alles was du willst.
Eine Einladung nach Hause
Etwas unsicher was denn jetzt passieren würde, sprangen wir von unserem Scooter, nahmen die Helme ab und schauten uns um. Wir standen inmitten von unzähligen Käfigen aus Palmenblättern. Darin gackerten und krähten Kampfhähne, die zum Verkauf bereit standen. Wunderschöne Tiere, aber nur geboren um im nächsten Kampf zu sterben. Grausam, aber es gehört hier irgendwie dazu.
Der Mann kam jetzt viel freundlicher auf uns zu und stellte sich vor. Er lebe hier mit seiner Frau und den Kindern. Er erzählte uns sehr viel über die Kultur und den Alltag im Dorf. Es habe sich sehr verändert in den letzten Jahren hier. Früher durfte man das Dorf nicht verlassen um zu studieren, oder einen Partner aus einem anderen Dorf zu heiraten. Inzwischen gibt es hier sogar Fernseher und jeder darf machen, wonach ihm der Sinn steht. Jedoch muss jeder seinen Teil zum Allgemeinwohl beitragen. Er nannte es so etwas wie eine Spende. Umgerechnet 5€ im Monat muss jeder Bewohner beitragen, damit wird die Bildung der Kinder und Baumaßnahmen finanziert.
Er führte uns zu seinem Haus und bat uns freundlich herein. Im Inneren sahen wir die für Bali üblichen Hausschreine. Er erklärte die Bedeutung jedes Raumes, warum die Schreine da sind und was für Bedeutung jede einzelne Statue im Haus hat. Wir hörten gespannt zu, so genau hatten wir das bisher nirgends gehört.
Seine hochschwangere Frau war auch da, begrüßte uns und zeigte uns ihren Webstuhl. So etwas hatte ich noch nie gesehen. Das uralte Holzgestell füllte fast einen ganzen Raum. Viele bunte Fäden waren eingespannt und warteten nur darauf mal ein schönes Stück Stoff zu werden. Um das übergroße Gerät herum hingen Tücher, Schals und Tischläufer in vielen schönen Farben.
Weich und seidig fühlten sich die Stoffe an. Ich verliebte mich in einen schimmernden Purpurfarbenden Paschmina-Schal und fragte spontan, ob man die denn kaufen könnte. „Of, course!“ Natürlich, deswegen waren wir hier, dämmerte es langsam.
Ben und der Mann redeten während dessen über Fußball (Balinesen reden unheimlich gern über deutsche Fußballer). Fast beiläufig bekamen wir dann einen handgefertigten Kalender aus Palmenblättern präsentiert. Darauf ist jeder Monat des Jahres mit einer Art Horoskop, nur nicht mit Tierkreiszeichen wie wir sie kennen, sondern mit Gottheiten, die die jeweiligen Charakterzüge des im Monat geborenen haben sollen.
Fanden wir auch richtig toll! Der Kalender sollte auch in mit uns kommen. Wir kauften die beiden schönen Stücke und verabschiedeten uns zunächst. Übrigens wurden nicht mal ansatzweise zum Kauf gezwungen, dass war gar nicht notwendig 🙂
Wir erkunden Tenganan
Wir zogen los und wollten uns Tenganan nun anschauen. Auf der Straße begegneten uns nur ein paar wenige ältere Leute und ziemlich viele glucksende Hühner mit ihren Küken. Zwischendurch gab es immer wieder kleine Werkstätten in die wir schüchtern hineinschauten, aber es war meist niemand zu sehen.
Das Dorf besteht aus zwei großen sandigen Straßen und vielen kleinen Häusern die alle sehr ähnlich aussehen. Am Ende einer Straße führt eine ziemlich wackeliger und brüchige aussehende Treppe steil nach oben. Wir kraxelten hinauf um zu sehen, was sich oben wohl verborg. Zunächst einmal eine gute Aussicht über das Dorf! Dann stehen hier zwei Schreine oder Altare, aber wozu sie dienen konnten wir nicht erraten.
Wir krabbelten wieder herunter und schauten uns weiter um. Ein großer Platz mit zwei langen, überdachten Holzpavillons schien so etwas wie ein Festplatz zu sein. Wir stellten uns vor wie hier Tänze, Hochzeiten und Zeremonien gefeiert werden.
Ein Besuch bei der örtlichen Imkerei
Ein paar Hundert Meter vor dem Dorfeingang gibt es eine Imkerei, die man ebenfalls besichtigen kann. Über viele kleine Wege werden dort verschiedene Pflanzen, wie z.B. Kaffe, Kakao und verschiedene Kräuter kultiviert. Auf unserem Weg nach Tenganan haben wir im Dickicht des Waldes immer wieder kleine Holzscheite mit verdächtigen Löchern entdeckt.
Balinesischer Honig
Wir sollten hier unbedingt her kommen um den Balinesischen Honig zu probieren. Oooh ja, dass lass ich mir nicht zwei mal sagen. Für Süßes bin ich eh immer zu haben und Honig ist irgendwie etwas ganz besonderes. Konserviert in einem kleinen goldenes Glas von vielen kleinen, fleißigen Bienen gesammelt ist es so etwas wie der Geschmack des Landes.
Wir wurden direkt freudig begrüßt und man bot uns an, uns herumzuführen. Jede Pflanze und jedes kleine Detail wurde uns erklärt. Sogar in einen Bienenbau durften wir hereinschauen und wir erblickten die unglaublich winzigen Bali-Bienen und ihren Honig. „Der Honig ist ja schwarz!“ Ich konnte es nicht glauben, mein Weltbild schwankte kurz und auf meine Frage, warum das denn so wäre, antwortete unser Guide nur laut lachend: „Because the bees are black!“ Ok, der Fall war klar, irgendwie kam es mir logisch und unlogisch zugleich vor.
Achja und die Bali-Bienen sind nicht viel größer als unsere Ameisen! Der Guide erzählte uns, das diese kleinen Bienen höchstens 2-5 kg Honig im Jahr produzieren. Das ist verglichen mit unseren heimischen Honigbienen fast nichts, diese produzieren fast das 10-fache! Der schwarze Honig der Bali-Biene wird auch eher als Medizin angesehen und so schmeckt er auch: Süß und sehr nach Essig.
Coffe and Tee
Kaffe und Tee wird hier ebenso angeboten wie Honig. Es gibt sogar eine kleine Vorführung wie der Kaffe geröstet und gemahlen wird.
Am Ende der Tour kann man sich auch einmal durch das Angebot durchprobieren. Kostet noch nicht mal was! Lediglich der hier überall angebotene Luwak-Coffee kostet einen geringen Aufpreis, aber diese Art von Kaffee war sowieso nichts für uns.
Du hast die Möglichkeit jeden Tee und Kaffe zu kaufen, aber zu recht hohen Preisen. Man wird aber nicht gedrängt etwas mitzunehmen. Wir konnten nicht widerstehen und haben beim Zitronengras-Tee zugeschlagen.
Die Rückfahrt
Auf der Rückfahrt nach Candi Dasa wollten wir unbedingt nochmal einen Flug mit der Drohne durch die Dschungelstraße wagen. Keine 5 Minuten später kam ein Mann aus dem Wald gehüpft und fragte ob wir nicht sein Haus fotografieren könnten. Klar konnten wir!
Ben machte unter staunenden Blicken ein paar Bilder von allen Seiten. Wir bekamen wieder alles gezeigt, hier sollte eine Ferienwohnung entstehen und man lud uns großzügig ein nächstes Jahr wiederzukommen. Der nette Mann war ebenfalls ein Bewohner von Teganan, wohnte aber lieber vor dem Dorf im Wald. Stolz zeigte er uns zum Abschied noch sein dickes Schwein und seine Ferkelchen.
Unser Fazit zu Tenganan
Das Dorf Tenganan ist etwas ganz Besonderes. Die Atmosphäre hier ist eine ganz andere, als in den Dörfern die wir bis dahin kennengelernt haben. Etwas verschlossener als in den sonst so lebensfrohen und aufgeweckten Städten und Dörfern. Mir fällt es sehr schwer für unser Erlebnis die richtigen Worte zu finden.
Wir wurden direkt in ein Haus eingeladen und man zeigte uns einen kleinen Einblick in den Alltag und die Kultur der Bali Aga. Das war sehr freundlich, aber im Grunde wollte man uns nur etwas verkaufen. Zwar sehr charmant, aber ein komischer Beigeschmack bleibt nunmal.
Der Tag hier war dennoch richtig interessant und verging wie im Flug. Auch wenn wir das Dorf für uns nicht so richtig einordnen können, empfehlen wir dir den Besuch hier. Wenn du dich für die Kultur Balis in seinen Ursprüngen interessierst bist du hier genau richtig. Aber vielleicht nimmst du einen Guide mit, der dir die Hintergründe erklären kann. Das hat uns vielleicht etwas gefehlt.
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2 Kommentare
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Hallo lieber Frank,
wir drücken die Daumen das du deine Reise antreten kannst. Bali ist absolut fantastisch! Wir haben jeden Tag dort sehr genossen und würden auch gerne mal wieder dorthin. Vielleicht berichtest du uns, wie es im Moment dort ist. Wir freuen uns jedenfalls für dich und deine Reisepläne.Liebste Grüße
Madlen
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hallo madlen
das ist ein toller bericht über dieses alte bali dorf – vor allem mit dem traditionelle leben + imkerei dort . ich bin selber einen bienenfreund mit vielen stöcken daheim.
danke dir dafür – so konnte ich mal kurz dort hinreisen – vielleicht sogar diesen februar selber dorthin sofern diese corona lage es zulässt für mich .