Wir gehen auf Weltreise! Oder „auf Achse“, wie meine Eltern sagen würden. 😀
Ach ja, unsere Jobs haben wir übrigens auch schon geschmissen! Unser größtes Abenteuer steht uns bevor und wir können es kaum erwarten.“ Mit diesen Worten verkündet wir unsere Pläne vom neuen Leben. Das war am 7. April 2019.
Ein paar Tage später hielten wir ein kleines Stück Papier in der Hand. Darauf, zwei rote Striche. Sie sollten alles ändern.
Aber von vorn.

Juni 2017
Der Traum von Freiheit
Wir sitzen in unserem gemieteten Suzuki Swift und fahren auf irgendeiner Landstraße in der kroatischen Pampa in Richtung Nordwesten. Die hintere Sitzbank ist voll beladen mit einem Zelt, Campingzeugs, Klamotten und ganz viel Neugier. Alles liegt kreuz und quer verteilt und rutscht bei jeder Kurve von links nach rechts.
Die bergige Landschaft zieht an uns vorbei und wir fahren ohne richtiges Ziel, ohne Plan, wir machen einfach. Am Ende finden wir mal wieder einen wunderschönen Strand oder ein Dörfchen wo wir für ein paar Tage bleiben. So war das immer. Für manche Orte braucht man einfach kein Navi, kein Reiseführer und keine großartige Planung.
Und so verliebten wir uns. In das Abenteuer. Die Freiheit.
Viele weitere Reisen folgten, wir fingen an diesen Blog zu schreiben und in uns wuchs der Wunsch. „Irgendwann machen wir auch mal eine Weltreise.“
Ende Oktober 2018
Wenn Träume wahr werden
Wir träumten. Über 1,5 Jahre lang. Wir trauten uns aber nicht.
Was ist mit der Familie, der Wohnung, den Katzen? Wie soll man sowas finanzieren? Viele Ängste plagten uns. Unsere Jobs stressten uns und ließen auch keine Zeit darüber nachzudenken, wie ein anderes Leben, diese Reise überhaupt aussehen könnte.
Aber dann wurde die Sehnsucht größer als jede Angst vor dem Unbekannten. Uns wurde auch klar, dass wir keine Angst haben brauchen. Wir haben schon so vieles geschafft. Laufen gelernt, die erste eigene Wohnung gehabt, Geldprobleme bewältigt, Krisen und Süchte überstanden, verlorene Beziehungen gerettet. Die Liste ist endlos.
Alles passiert irgendwann zum ersten Mal. Und wir wollen jetzt zum ersten Mal die Welt entdecken.
Wir fingen an zu rechnen. Wie lange wollen wir ungefähr reisen? Ein Jahr? Nee, kam uns direkt zu lang vor. Kann ja sein, dass uns dieses Leben doch irgendwann anstrengt? Wir einigten uns. 6 Monate. Erstmal. Mal sehen was in der Zeit passiert, vielleicht änderten wir zwischendurch doch alle Pläne.
OK das wär erledigt. Wie viel Geld braucht man denn wohl circa? Da wir nicht die ersten sind, die auf die Idee kamen eine Weltreise zu machen, fanden wir schnell viele Infos. Und so landeten wir beim Juli 2019. Bis dahin hätten wir locker das Geld für ein halbes Jahr zusammen. „Das ist ja schon in acht Monaten. Acht! Die Zeit wird so schnell vergehen. Oh mein Gott!“
Es war beschlossene Sache! Endlich! Darauf tranken wir ein Bierchen und wurden ein klein bisschen rührselig vor lauter Freude. Endlich hatten wir einen Termin im Kalender stehen. „1. Juli – Weltreise!“ Der wohl beste Eintrag überhaupt.
Ende März 2019
Wir kündigen
Eine halbe Stunde noch. Dann werde ich es meinem Chef sagen. Ich werde kündigen. Nervös zwirbelte ich an meinen Haaren und knabberte an meinen Nägeln. Ich konnte mich nicht konzentrieren und schaute immer wieder aus dem Fenster. Malte mir unsere neue Zukunft aus. Die Tür ging auf. „Sollen wir jetzt Madlen?“ „Jap!“ Ich war sowas von bereit.
In unserem gläsernen Besprechungsraum nahmen wir Platz. Nach einem kurzem Smalltalk verkündete ich dann mit einem Kloß im Hals: „Wir werden auf Weltreise gehen. Ich kündige.“ Kurzes erstaunen. „Uff, toll das freut mich! Na, das war doch eh schon immer dein Traum, oder?“ Ja war es. Schon länger als ich mir eigentlich klar war. Und mein Chef hatte es scheinbar auch schon vor mir gewusst.
Bei Ben sah das Ganze etwas anders aus. Er wollte nach der Reise gerne wieder in seinem Unternehmen weiter arbeiten und fragte erstmal nach unbezahlten Urlaub. Sein Vorgesetzter war dazu nicht bereit – „zu kurzfristig“ hieß es. Also kündigte er ebenfalls.
Am Abend fielen wir uns glücklich in die Arme. „Wir haben es getan! Drei Monate noch! Und dann geht es los, ich kann es noch gar nicht fassen!“ Wir haben es wirklich getan. Es war nicht das erste Mal, dass wir einen Job gekündigt hatten, aber zu wissen, dass es danach nicht ins nächste Büro ging, sondern in fremde Länder und Kulturen. Das war so was von cool.
Wir stoßen auf unserem Balkon ein weiteres Mal mit einem kalten Bier an, stellten uns vor wie wir in genau drei Monaten an einem weißen Sandstrand sitzen und den Sonnenuntergang vom anderen Ende der Welt bestaunen würden.
„Wo reisen wir denn bloß zuerst hin?“ – „Wohin wir wollen“ sagte Ben nur.
Anfang April
Alle sollen es wissen
Jetzt war es offiziell! Unsere Familien wussten schon Bescheid. Jetzt konnten wir es einfach allen erzählen und stolz verkünden. „Wir werden auf Weltreise gehen!“. Freunde, Arbeitskollegen und auch unseren Lesern erzählen wir aufgeregt das wir jetzt die Welt entdecken gehen. „Nach Borneo, Malaysia oder Costa Rica hatten wir zuerst überlegt! Wir haben noch nichts gebucht, aber bald!“. Den ganzen Tag hätte ich darüber fantasieren können.
Zwischendurch waren wir sogar noch auf der ITB Berlin (Internationale Tourismus-Börse) und haben richtig coole Leute kennengelernt, die uns von ihren abenteuerlichen Weltreisen, Erkenntnissen, Träumen und Zielen erzählten. Diese Tage waren unheimlich toll und inspirierend, weil wir unter Menschen waren, die von ihrem Traum leben konnten. Sicher, es war nicht immer einfach, aber es lohnt sich, sagten sie. Ihre Art zu leben war nicht sorgenfrei, aber sie wirkten alle unfassbar glücklich und ausgeglichen. Mut ist vielleicht doch nur ein Anagramm von Glück.
Jetzt wollten wir das alles noch viel mehr.
Wir erzählten es allen Leuten die wir trafen und alle fanden es richtig cool. Na ja, die meisten 😀 Einige meiner Arbeitskollegen verstanden nicht wie man einen „sicheren Job einfach aufgeben kann“. Im Leben ist nichts sicher, dachte ich dann nur. Aber es ist in Ordnung, wir sind alle anders und jeder lebt sein Leben eben so wie er möchte.
Na ja, die ganze Welt wusste jetzt jedenfalls Bescheid. Ben und Madlen gehen ab Juli auf Weltreise! Juuhuuu! 😀
Mitte April 2019
Eine kleine Überraschung
Aber unser Leben muss sich irgendwann gedacht haben: „Ach, dieee beiden! Wollten doch ein bisschen mehr Action! Joa, daaass können sie haben!“
Und so überraschte uns das Leben mal wieder mit einer ganz neuen Facette. 😀
Ich hatte da so ein Gefühl. Ein Blick in meinen „Frauen-Kalender“ sagte mir: Jep, damit liegst du goldrichtig.
Ich war im Bad und rief Ben zu „Ich mach jetzt den Teeeheeest!“ Schon stand er neben mir und bereitete den Teststreifen vor. Ich tat, was zu tun war und das kleine Papierdings steckte nun im Becher. Nun hieß es 3 Minuten warten, laut der Verpackung.
1… Sek.
2… Sek.
3… Sek.: Ein roter Strich?
4… Sek.: Ein zweiter roter Strich?!
Wir starrten beide etwas verwirrt auf den Streifen, kontrollierten mehrmals die Anleitung und wie man das Ergebnis bewerten sollte. „Ähhh das soll doch 3 Minuten dauern? Heißt das jetzt…?“ Vielleicht hast du so einen Moment schon mal erlebt. Aber wenn dir plötzlich klar wird, dass sich in genau dieser einen Sekunde dein ganzes Leben ändert, checkt man einfach gar nichts mehr.
„Ähm. Ja, der Test ist positiv.“ sagten wir uns, begriffen es jedoch nicht.
Auch nicht, als wir zwei Tage später beim Frauenarzt einen kleinen schwarzen Kreis auf dem Bildschirm sahen. „Frau Klemm, Sie sind richtig schön schwanger!“
Ungläubig, aber mit feuchten Augen blinzelten wir weiter auf den Bildschirm des Ultraschall-Gerätes. „Wie alt ist es denn?“ – „Nun, Sie sind in der 5. Woche, ihr Kind ist somit 3 Wochen alt! Sehen Sie, da kann man schon den Kopf sehen!“ Sie machte ein paar Fotos, druckte eins davon aus und drückte es Ben in die Hand. Er strahlte es mit Hingabe an.
Wir werden jetzt Eltern! Ich muss dazu sagen, dass wir es vorher jahrelang versucht hatten. Auch mithilfe des Kinderwunschzentrums und allem drum und dran. Und jetzt kündigen wir und ein paar Tage später bin ich schwanger. Einfach so! Wir können unser Glück überhaupt nicht begreifen, verstehen schon mal gar nicht.

Aber was wurde jetzt aus unseren Reiseplänen?
Anfang Mai 2019
Von Ängsten und Entscheidungen
So sehr wir uns freuten, stellte dieses Ereignis plötzlich alles auf den Kopf.
Weltreise mit Babybauch, geht das? Was ist mit Zika, Malaria und Dengue? Deckte eine Auslandsreiseversicherung überhaupt eine Schwangerschaft ab? Wie sieht es mit der ärztlichen Versorgung in anderen Ländern aus?
Oder doch besser zurück in den Job? Alles zurück auf Anfang? Ist doch viel einfacher, warum was riskieren?
Völlig orientierungslos änderten wir jeden Tag unsere Meinung. Zunächst waren wir uns einig „Wir bleiben hier, gehen zurück in unsere Jobs und reisen dann eben später.“ Klang vernünftig und voll richtig.
Aber es fühlte sich unglaublich falsch an. Vor allem ich hatte sehr damit zu kämpfen und litt darunter die richtige Entscheidung zu treffen. Mein Kopf sagte mir, ich brauche einen festen Job, ein gesichertes Einkommen, anders geht es eben nicht. Aber mein Herz zog sich dabei unweigerlich zusammen, mir schossen Tränen in die Augen bei der Vorstellung meine Freiheit einfach so wieder zurückzugeben.
Die Hormone waren sicher auch nicht ganz unschuldig daran, dass ich in einem Moment todunglücklich war und im nächsten wieder total optimistisch. „Es sind doch nur ein paar Monate, dann bist du schon im Mutterschutz.“ Ich zweifelte. Nur ein paar Monate….
Was ist die richtige Entscheidung, wenn es plötzlich nicht mehr nur um dich geht? Die Sicherheit des deutschen Gesundheitssystems und das Elterngeld-Polster versprechen eine entspannte Zeit. Wir mussten lediglich unsere alten Jobs wieder aufnehmen. Nur ein paar Monate…
Wir entschieden zu bleiben. Wie man das wohl besser macht. Am nächsten Tag wollten wir unsere Arbeitgeber fragen, ob sie bereit wären unsere Kündigungen in den Müll zu hauen.
Es waren gerade Osterferien. Mein Arbeitgeber war plötzlich im Urlaub und ich war somit zum Warten gezwungen. Ich hätte natürlich eine Mail schreiben können, aber… ich konnte einfach nicht. Zig mal begann ich zu schreiben, aber hielt es höchstens 2 Sätze lang durch. Ich beschloss zu warten, wie es bei Ben laufen würde.
Er musste ein paar Tage auf einen Termin warten. Er war zuversichtlich. Seine Position im Unternehmen war gut und er würde so schnell nicht ersetzt werden können. Und wer würde schon einen werdenden Vater vor die Tür setzen? Das Unternehmen war bekannt für seine „Familienfreundlichkeit“.
Sein Vorgesetzter sah das leider doch anders.
Aber.
Aus irgendeinem Grund, war es nicht mehr wichtig.
Und so war es beschlossene Sache. Wir reisen. Mit Baby im Bauch.
Mitte Juni 2019
Unsere wohl spannendste Reise beginnt
Nun sind es nur noch wenige Wochen Tage bis es losgeht. Vor uns liegt eine aufregende Zeit, es fühlt sich noch komisch und völlig unwirklich an. Aber es wird richtig gut.
Unser Kind wird uns auf der wichtigsten Reise überhaupt begleiten (oder ist ein Kind die eigentliche Reise?). Dafür haben wir viele Sicherheiten aufgegeben, viele anstrengende Gespräche geführt, uns in Themen eingelesen, von denen wir nicht geglaubt hätten, das es sowas kompliziertes überhaupt gibt (deutsche Bürokratie, yay) und unendliche viele Hürden gemeistert.
Der Weg bis zu dieser Entscheidung war nie einfach. Tausende neue Ängste (und Hormone!) überschwemmten uns regelrecht, wir waren oft verzweifelt und dennoch voller Vorfreude. Aber am Ende haben wir auf unsere Intuition statt auf die graue Theorie gehört. Unsere Befürchtungen gegen Vertrauen getauscht. Alles ist gut und wird noch viel besser, das hat uns die letzte Zeit gelernt.
Ich glaube, unsere Reise hat schon vor Monaten begonnen.
So sehen unsere Pläne nun aus
Also. Da wir unser Kind nicht irgendwo auf der Welt bekommen wollen werden wir zunächst keine „richtige“ Weltreise machen. Wir haben echt lange hin und her überlegt, abgewägt und uns am Ende dagegen entschieden. Ursprünglich sollte es nach Malaysia oder Indonesien gehen, aber das Risiko sich irgendwas einzufangen war uns einfach zu groß.
In den nächsten Tagen stehen noch einige Termine an – Beratungsstellen, Amt und Verabschiedungen. Und dann geht es endlich los. Wir werden für drei Monate durch Europa reisen. Auch dieses Mal gibt es keine Route, keinen genauen Plan, wir setzen unsere Segel und sehen wohin der Wind uns bringt.
Aber! Unser erstes Ziel steht inzwischen fest ! Es wird nochmal nach Portugal gehen. Erstmal aufs Festland und dann vielleicht noch auf eine der wunderbaren Inseln. Mal sehen! Wir haben jeden Tag neue Ideen 😀 Aber wir können es uns ja aussuchen und jeden Tag neu entscheiden.
Das ist Freiheit, für uns.

WOW, da habt ihr ja eine super spannende und nervenaufreibende Zeit hinter euch. Haben beim Lesen richtig mitgefiebert ; – )
Wir freuen uns sehr mit euch und wünschen euch alles, alles Liebe und Gute für eure Zukunft. Richtig cool und mutig von euch, dass ihr eure Pläne und euer Abenteuer einfach anpasst und trotzdem reist. Wir sind gespannt was ihr in den kommenden Monaten alles so erlebt. Habt eine ganz tolle Zeit, genießt die Freiheit und die Vorfreude auf das Leben zu Dritt.
Ganz viele liebe Grüße aus Münster senden euch Steffi & Daniel