Dortmunds bestgehütetes Geheimnis – Die Bunker unter Dortmund

Dortmunds bestgehütetes Geheimnis – Die Bunker unter Dortmund

Dortmunds bestgehütetes Geheimnis – Die Bunker unter Dortmund 1280 853 Madlen

Als ich vor einigen Jahren das erste Mal durch den Westpark spazierte, fielen mir zwischen den Büschen, Bäumen und Hecken immer wieder kleine Rohre auf. Gut versteckt und eigentlich fast unsichtbar, aber aus irgendeinem Grund fiel mein Blick immer wieder darauf. Von meinen Freunden wusste niemand was es damit auf sich hat, wir scherzten „Vielleicht sind es ja Belüftungsrohre für Geheimgänge“.

Was wir damals nicht wussten: Genau so war es! 15 Meter unter dem Westpark liegt ein Teil der größten zivilen Luftschutzanlage Europas. Bis vor ein paar Jahren hielt die Stadt Dortmund den Mantel des Schweigens darüber. Aus dem Jahr 2007 gibt es sogar einen Erlass des Bundesfinanzministeriums, der es verbietet, „Informationen über den Stollen, die bei allgemeinem Bekanntwerden die öffentliche Sicherheit und Ordnung gefährden können“, herauszugeben.

Die junge Bevölkerung war weitestgehend ahnungslos, nur nach und nach wurden immer mehr Details bekannt und mittlerweile ist es kein Geheimnis mehr. Einige wenige Anlagen können inzwischen sogar besichtigt werden.

Zeit sich mit der Geschichte dieser Stadt auseinander zusetzen, die nun seit 7 Jahren mein Zuhause ist. Ich reiste in die Vergangenheit, in die Zeit von Nationalsozialismus, Industrialisierung, dunklen Geheimnissen und versteckten Geheimgängen.

Zu Beginn habe ich mir ein paar Fragen gestellt:

Warum hat Dortmund so eine große Bunkeranlage?

Vor dem ersten Weltkrieg war Dortmund eine der wichtigsten Standorte der Industriewirtschaft: Kohle, Koks und Eisen waren wichtige industrielle Güter. Das wussten natürlich auch die Nazis, die Dortmund 1933 besetzten, und wollten sich und Teile der Bevölkerung vor einem sehr wahrscheinlichen Bombardement schützen. Sie trieben den Bau von Luftschutzbunkeranlagen voran.

Experten scheinen sich einig zu seien, das dies die größte zivile Luftschutzanlage Europas ist. Es gab woanders einfach nie den Bedarf eine Anlage von solch einem Ausmaß zu bauen.

Wurden die Bunker damals überhaupt benutzt?

Ja. Viele Dortmunder lebten sogar ein ganzes Jahr in den Bunkern, weil ihre Wohnungen besetzt waren und die Bombardierung gegen Kriegsende zu stark wurde. Sie lebten auf Matratzen und trauten sich kaum noch nach „oben“. Unten in den Gängen war es feucht und kalt. Kinder mussten tagelang ohne ihre Eltern ausharren, weil diese sich um Essen oder ihre Arbeit kümmern musste.

80.000 bis 100.000 Menschen sollten in den riesigen Anlagen Schutz finden. Die Zwangsarbeiter, die den Bunker graben und ausbauen mussten, durften sich während eines Luftangriffs nicht im Bunker aufhalten und mussten draußen bleiben sobald die Bomben fielen.

Die Eingänge waren übrigens in das Stadtbild integriert und sahen aus wie Garagen, Pavillons oder ganz normale Türen. Auch heute wissen viele gar nicht was sich vor ihrer Nase befindet.

Kann man in die Bunker hinein?

Ja und Nein. Die insgesamt 19 Zugänge wurden allesamt dicht gemacht. Keiner soll da unten einfach so rein. Das liegt zum einen daran, dass vor allem die Tiefstollen ein unbekanntes Labyrinth bilden, indem es auch eine gefährliche Entwicklung von Faulgas geben soll. Teilweise wurden die Gänge und Stollen auch zugeschüttet, um die darüber liegenden Gebäude zu schützen.

Ein weiteres Problem ist die Zuständigkeit. Die Stadt Dortmund möchte sich diesen Schuh nämlich recht ungern anziehen. Die Besitz- und Zuständigkeitsverhältnisse sind ein kaum zu durchschauendes Dickicht. Die nun zuständige Bundesanstalt für Immobilienaufgaben drückt es so aus: Die Anlagen gehören den  Eigentümern, denen auch Grundstücke gehören, unter denen Teile der Anlage verlaufen. Der größte Teil liegt übrigens unter städtischem Grund.

Jetzt aber die gute Nachrichten für die ganz Neugierigen: Zwei Bunker können besichtigt werden! Weiter unten erfahrt ihr auch welche. Einen davon haben wir uns sogar angeschaut.

Ein paar Zahlen

0

der Stadt Dortmund wurden im Krieg zerstört

3000

Menschen kamen offiziell im Krieg ums Leben

95000

Menschen sollten Platz in den Bunkern finden

0

lang sind die Gänge unter Dortmund

0

Zugänge sind bekannt

Der Befehlsbunker an der Ruhrallee

Wir haben uns den Befehlsbunker an der Ruhrallee angeschaut, von dem wir bis dahin natürlich auch nix wussten.

Als wir uns am Treffpunkt sammelten, fragten wir uns schon wo denn jetzt der Bunker sei. „Fahren wir da jetzt noch hin, oder müssen wir durch den Gullydeckel da vorne einsteigen?“.
Wir standen vor einer einfachen Doppelgarage und warteten auf unseren Bunkerführer. Plötzlich öffnete sich eine kleine Stahltüre, direkt neben der Garage. Diese Tür war uns vorher gar nicht aufgefallen. Heraus kam Harry Lausch und begrüßte uns herzlich. Wir standen direkt vor dem Eingang zum Bunker – die ganze Zeit.

Das der Zugang so unscheinbar ist, war natürlich so gewollt. Die Zugänge zu den Bunkern waren so gut in das Stadtbild integriert, dass man sie gar nicht bemerkte. Nur der verdächtige lange Schornstein verriet den eigentlichen Zweck der Anlage. Er sorgte für die Luftversorgung unter Tage.

Buntertour in Dortmund: Bunker Ruhralle

Der Bunker lag zu unserer Überraschung nur wenige Meter unter der Erde, hat jedoch 3 Meter dicke Mauern, die einem Angriff standhalten sollten. So richtig konnten wir uns das trotzdem nicht vorstellen, das das hält wenn da eine mehrere Kilo schwere Bombe darauf fällt (und explodiert!).

Die Nachbarschaft wusste wohl auch lange Jahre nicht, was hier vor sich ging, es war der geheimste Ort in Dortmund. Denn hier wurden Pläne geschmiedet und Truppen koordiniert. Der Bunker wurde sogar noch bis 1992 als Koordinationsstelle für Katastrophenschutz-Übungen benutzt.

Herr Lausch führte uns durch die Anlage und erzählte uns alles was er zu den Räumlichkeiten wusste. Einige der Räume sahen aus, als wären sie vor ein paar Tagen erst verlassen worden, andere waren von Schimmelsporen übersät. Es gibt Badezimmer, Büroräume, Schlafkabinen, eine Küche und auch Maschinenräume.

Am spannendsten sind die letzten Räume, wo noch alles so aussieht wie damals. Überall liegen Unterlagen, Dosen, Schreibmaschinen, Diktiergeräte und blinkende Karten von Dortmund.

Zum Schluss hat man noch die Möglichkeit in den Tiefstollen zu gehen. Dieser steht unter Wasser, Gummistiefel also nicht vergessen. Man kann hier unterirdisch ein paar hundert Meter weit bis zu einem Notausgang laufen, der sich unter einem Gullydeckel verbirgt. Aber so richtig spannend war es hier unten nicht.

Unser Fazit zur Bunker Tour

Ein spannender Ausflug in die Vergangenheit, auch wenn wir nicht an den Orten waren wo die Bevölkerung damals ausharren musste. Aber vielleicht wäre das auch zu krass gewesen. Wir sind beide so froh und sehr dankbar, dass wir nicht in solchen Zuständen und Zeiten leben müssen. Wir beten dafür das es auch nie wieder soweit kommen wird.

Im Nachhinein habe ich sehr bewegende Zeitzeugen-Berichte über diese Zeit gelesen und konnte das alles nur schwer ertragen. Wir alle kennen bestimmt die Geschichten von unseren Großeltern, die erzählen wie sie den Krieg erlebt haben. Ich konnte das damals, als Teenager, alles gar nicht wirklich glauben. „Aaach, Omma übertreibt mal wieder“. Scheiße. Meine Uroma hat die Russen und die Bombardierung von Dresden überlebt. Sie ist als Flüchtling durch den Winter gezogen und hatte dabei keine Angst um sich, sondern nur um ihr Baby – meine Oma.

Das ist alles echt und wirklich passiert. Und an solch einem Ort, wie diese Bunker, wird das erst wieder ins Bewusstsein geschoben.

Und wir beschweren uns über schlechtes Wetter, oder wie sehr unser Job uns manchmal langweilt. Ich bin gerade richtig froh, dass ich überhaupt weiß wie das Wetter ist und das ich mich manchmal auf Arbeit langweilen kann.

Mehr zum Thema lesen?

Ich habe die meisten Information zu diesem Artikel im Online-Magazin der westfälischen Rundschau gefunden, die einen sehr umfassenden Artikel zum Thema geschrieben haben. Wenn du also mehr erfahren möchtest, lege ich dir die Artikelserie ans Herz. Unter anderem findest du dort auch die Berichte der Zeitzeugen.

Zur Artikelserie des Westfälischen Rundschau

Du möchtest auch einen Bunker besichtigen?

Zwei Bunker können besichtigt werden. Wir waren im Befehlsbunker an der Ruhrallee.

Führungen Befehlsbunker Ruhrallee

Anmeldung zu Führungen:
Herr Harry Lausch
hy-lausch@web.de

Führungen Sonnenbunker

Anmeldungen zu Führungen:
Herr Tim Henrichs
www.Sonnenbunker.de

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Madlen

Immer auf der Suche nach schönen Flecken auf der Erde.

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5 Kommentare
  • Megacool! Vor 40 Jahren wurde ich in Unna, also um die Ecke, geboren und treibe mich seitdem hier im Umkreis herum. Aber davon wusste ich bislang nichts! Es ist wohl tatsächlich so, dass man sich oft die ganze, verrückte Welt anschaut, nur nie das was einem direkt vor den Füßen liegt… 😉 wir wissen auf jeden Fall, was wir jetzt unbedingt mal ein Wochenende tun werden! ???
    LG aus Mengede ???‍♂️?

    • Huhu Miriam! 🙂
      Es ist wirklich so wie du es beschreibst. Wir schauen auch immer eher in die Ferne, suchen die interessantesten Orte, die besten Strände, die aufregendsten Wanderwege und dabei vergessen wir ganz oft, wie spektakulär unsere eigene Heimat ist. Für mich als Zugezogene war es es natürlich erst recht Neuland hier Bunker vorzufinden und dann auch noch unter solch ominösen Umständen. Das macht es natürlich umso spannender sich so etwas mal anzuschauen.

      Ich habe es ja schon auf Facebook geschrieben: Mit der Besichtigung solltet ihr nicht mehr all zu lang warten, denn es gibt (angeblich) Pläne ein Luxushochhaus auf dem Bunker zu bauen. Ob man sich den Bunker an der Ruhrallee dann noch anschauen kann ist ungewiss, aaaaalso nicht auf die lange Bahn schieben 🙂

      Liebe Grüße aus Dortmund 🙂

  • Hallo,
    habe gerade erst Deinen spannenden und sehr gut geschriebenen Bericht gelesen.
    Bin in Dortmund geboren und habe viele Jahre direkt am Westpark gelebt und bin auf die Hauptschule Ruhr Allee gegangen.
    Wusste bis heute nichts von den Anlagen.
    Vielen Dank für Deine Posts, auch von den Parks.

    Liebe Grüsse aus Hessen

    Jörg

    • Hallo Jörg,
      es ist wirklich irre was direkt vor unserer Nase ist, ohne dass wir es bemerken. Keiner meiner Freunde wusste etwas von den Bunkern, wir sind da auch nur durch Zufall drüber gestolpert.

      Ich freue mich übrigens sehr, dass dir die Artikel über Dortmund gefallen. Vielleicht kommst du ja mal zu Besuch nach Dortmund 🙂

      Liebe Grüße nach Hessen!

  • Hab gerade bei Quizduell die Frage nach dem größten Luftschutzbunkersystem für Zivilisten mit Pjöngjang beantworten….ich bin ein Dortmunder Ruhrpottkind – unwissend offensichtlich. Beim googeln bin ich auf deinen Artikel gestoßen, echt toll geschrieben. Dortmund ist die schönste Stadt im Pott – vielfältig, grün, bunt und offensichtlich geheimnisvoll. I ❤ DO

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